Archiv der Kategorie: Bibliothek: Leseförderung

„The Guardian“: Überfliegendes, digitales Lesen ändert die Gehirnstruktur

Die Forscherin und Autorin Maryanne Wolf beschäftigt sich in einem Artikel vom 25. August in der Online-Ausgabe des „Guardian“ mit dem „überfliegenden Lesen“ (Englisch: Skim reading) in der digitalen Welt. Jede/r von uns kennt das aus dem ICE-Großraum oder Flugzeug: Smartphones, iPads, Notebooks oder E-Reader bilden heute den Schwerpunkt bei den Arbeits- und Freizeitgeräten. Mit den veränderten Werkzeugen einher geht auch ein verändertes Leseverhalten, so Wolf: Texte werden nurmehr zusammenfassend überflogen oder sind durch ihr Format (Tweets, Facebook-Texte) sowieso leichter konsumierbar als längere, anspruchsvolle Inhalte. Der oberflächlichen Aufnahme folgen auf Dauer auch die Gehirnstruktur und das vor 6000 Jahren ausgebildete intellektuelle Aufnahmevermögen, so Wolf weiter. Diese „deep reading“ genannte Fähigkeit bildet aber die Grundlage für die Internalisierung von Wissen und kritische Analyse.

Ihre eigene Forschung sowie beispielsweise Untersuchungen von Mark Edmundson in Großbritannien und Anne Mangen in Norwegen würden zeigen, dass Studierende sowie Schüler immer schlechter in der Lage seien, längere und komplexe Texte aufzunehmen. So habe eine Kontrollgruppe von Lesenden auf einem Kindle schlechtere Erinnerungsfähigkeiten und ein schlechteres Textverständnis als die Print-Vergleichsgruppe. Die „neue Norm“ beim Lesen sei das „Skim reading“, bei dem lediglich sinntragene Bestandteile eines Texte entnommen werden.

Das Fazit der Autorin: Wir brauchen eine neue Form des „bi-literaten“ Gehirns, das sowohl in der digitalen wie der klassischen Form des Lesens in der Lage ist, Texte gründlich aufzunehmen – denn davon abhängig sei letztlich die Fähigkeit, gedanklich über das Gelesene hinauszugehen, sich in andere Standpunkte hineinzuversetzen und damit auch eine lebendige Demokratie zu sichern.

Frühere oder ähnliche Untersuchungen kommen übrigens zu ähnlichen Ergebnissen:
https://www.theguardian.com/books/2014/aug/19/readers-absorb-less-kindles-paper-study-plot-ereader-digitisation

https://www.businessinsider.de/students-learning-education-print-textbooks-screens-study-2017-10?r=US&IR=T

Link:
https://www.theguardian.com/commentisfree/2018/aug/25/skim-reading-new-normal-maryanne-wolf

Beitrag von Andreas Mittrowann

Wie australische Bibliotheken den Wandel gestalten


In einem Online-Artikel auf der Website der Australien Broadcasting Commission (ABC) schildert die Autorin Jana Black den Wandel in australischen Bibliotheken am Beispiel Canberra. Dabei wird deutlich, wie vergleichbar die Situation vieler Bibliotheken in westlichen Demokratien ist. Auch in Canberra sind die Ausleihen physischer Medien in den letzten Jahren zurückgegangen, das Interesse an E-Books hingegen gestiegen. Bibliotheksdirektorin Vanessa Little betont, dass dies aber nur eine der vielen Möglichkeiten ist, in einem sich wandelnden Umfeld relevant zu bleiben. Dabei unterstreicht sie insbesondere die Rolle als Lernort: „Libraries emerged out of the mechanics institutes that were built around Australia [and] other places as a way of educating people so that they could participate in the industrial revolution. So people have always used libraries as places to learn.“

Daher wird in Canberra mit einem breiten Bildungsbegriff gearbeitet – „Lernort“ umfasst somit auch das Programm „CycleJam“, bei dem die Reparatur und Instandhaltung von Fahrrädern im Mittelpunkt stehen. Wichtig dabei sei der Fokus auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger vor Ort („community needs“), so Little – „[…] we know that people don’t always learn by reading, people learn by doing and listening and watching.“

Mehr Programmarbeit, weniger Print“ – so könnte das Motto lauten. Ein weiteres Beispiel dafür ist „Giggle and Wiggle“ („Kichern und Wackeln“), ein Programm zur Leseförderung, bei dem junge Familien angesprochen werden, um die Liebe am Erzählen von Geschichten mit Tanz- und Singelementen zu wecken – eines der beständigen Kernelemente von Bibliotheksarbeit heute.

Link:
http://www.abc.net.au/news/2016-07-16/act-libraries-turn-to-new-programs-as-loans-decline/7579120

Beitrag von Andreas Mittrowann

Digital Storytelling: Drei Plätze zu vergeben!

Die Bill und Melinda Gates Foundation hat im Rahmen ihrer weltweiten Unterstützung öffentlicher Bibliotheken auch immer wieder Bibliotheken in Osteuropa gefördert. Im Kontext dieser Programme habe ich auf der NextLibrary-Conference 2013 in der Session „Innovative approaches to technology training: Meeting patrons needs from e-book to email“ auch Camelia Crişan von Biblionet Romania kennengelernt. Camelia ist inzwischen Executive Direktor bei der Progress Foundation in Rumänien und trägt am 27. April am Institut für Journalismus und Public Relations an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen-Recklinghausen-Bocholt vor.

Thema: The Power of Digital Storytelling in  Advocating Change of Local Institutions (The case of Romanian Libraries)

Für diesen Vortrag sind noch drei Plätze für Kolleginnen oder Kollegen aus Bibliotheken zu vergeben! Wer Interesse hat, darf sich gern direkt melden bei: camelia.crisan[at]progressfoundation.ro.

Beitrag von Andreas Mittrowann

Nachtrag: Frau Dr. Crisan hat mir den Beitrag zur Verfügung gestellt und ich darf ihn den Globolibro-Leserinnen und Lesern als Anhang zu diesem Beitrag als Download anbieten: Power of DS in advocating change

Irland: Dublin City Library verstärkt Sprachförderung

Die Stadt Dublin und die dortige öffentliche Bibliothek haben unter dem Titel „Chatter Matters“ („Schwatzen ist wichtig“) ein Projekt zur frühkindlichen Sprachförderung für 0-3jährige Kinder gestartet. Als Grund für die Kampagne wird die durch Forschungsergebnisse gestützte Tatsache angegeben, dass Kinder nie wieder in ihrem Leben so empfänglich für Sprache sind als in dieser Phase.

Im Zentrum des Projektes stehen die folgenden Aktivitäten in der Bibliothek:

  • Sprechen zu und mit den Kindern
  • Spielen
  • Singen, u.a. Kinderreime
  • Stellen von Fragen
  • Wiederholen einzelner Worte
  • Regelmäßiges Vorlesen von Bilderbüchern u.a.

„Childrens education begins long before attending school or even preschool; in fact some of the most important learning for this age group is in the home and the community. Childrens experiences of playing and talking reinforce their skills and create the building blocks required for effective communication and future literacy“, so Dublins Bürgermeister Oisín Quinn.

Link:
http://www.askaboutireland.ie/libraries/irish-library-news/2014/05/21-101607/index.xml

Das erste Video einer Serie zu einer ähnlichen Kampagne in Großbritannien unterstreicht, wie wichtig das Sprechen zu Kleinkindern ist. Die Bibliothek kann bei dieser wichtigen Aufgabe unterstützen, in dem sie beispielsweise einen Ort und ein Forum für junge Mütte anbietet.

Beitrag von Andreas Mittrowann

Philadelphia: Kochen in der Bibliothek

Die Free Library of Philadelphia in den USA eröffnet am heutigen 2. Juni ihr „Culinary Literacy Center“ in der Zentralbibliothek. Das neue Kochcenter bietet 3 Öfen, 16 Kochplatten sowie 36 Sitzplätze und soll sich nicht nur der Kunst der Essenszubereitung, sondern auch der Ernährungskunde, der Leseförderung, der Mathematik und der Chemie widmen.

Sandy Horrocks, stellvertretende Bibliotheksleiterin, erklärt den Hauptgrund für die neue Initiative: „Menschen lernen auf verschiedene Weise.“ Und genau diese unterschiedlichen Lernwege soll das neue Center unterstützen: Auch für Rezepte benötigt man Lesefähigkeit, das Rechnen für die Befüllung des Messbechers und ganz grundlegende Lösungskompetenzen, um am Ende einen (genießbaren) Erfolg zu erzielen.

Partner bei der Realisierung des Projektes waren die Garces Foundation, die Vetri Foundation, das “Careers through Culinary Arts Program”, die Drexel University und weitere. Das neue Kochcenter wird für alle offen sein, so Horrocks, jedoch sind eine Anmeldung und die Betreuung durch einen zertifizierten Mitarbeiter erforderlich. Parallel zur Eröffnung wird ein Kräutergarten eingeweiht.

Link:
http://www.philly.com/philly/food/20140529_Library_cooks_the_books.html

Beitrag von Andreas Mittrowann

 

Studie: E-Reader und Tablets fördern die Leseneigung

In einer von der Zeitung „USA Today“ und der Website „Bookish“ durchgeführten Befragung gaben 40 Prozent der Teilnehmer an, einen E-Reader oder Tablet-PC zu besitzen. Von dieser Teilmenge wiederum sagten 35 Prozent, dass sie seit dem Besitz ihres Gerätes mehr lesen. Bei den bevorzugten Lesestoffen nannten von dieser Gruppe 23 Prozent „Science-Fiction and Fantasy“, 16 Prozent „Mystery and Crime“ und 14 Prozent Sachbücher.

Die Gerätebesitzer lasen in den vergangenen 12 Monaten durchschnittlich 21 Bücher, während die Leser gedruckter Bücher im gleichen Zeitraum durchschnittlich bei 13 Titeln landeten.

Link: http://www.usatoday.com/story/life/books/2013/10/06/e-books-reading/2877471/

Beitrag von Andreas Mittrowann

 

China: Automatenbibliotheken auf dem Vormarsch

Die Stadtbibliothek Köln hat vor kurzer Zeit den ersten Krimiautomaten einer öffentlichen Bibliothek vorgestellt. In China scheinen sich die „Automatenbibliotheken“ dagegen noch viel stärker durchzusetzen – auch, wenn sie eine echte Bibliothek mit kompetenten Mitarbeitern, Lern- und Austauschmöglichkeiten und einem breiten Informationsangebot nicht ersetzen können.

Die Website Xinhuanet berichtet nun vom verstärkten Einsatz dieser Selbstbedienungsmöglichkeit in Pekings Chaoyang Distrikt – dort wurden für die 2,9 Millionen Einwohner bereits 119 Automaten in 43 Vierteln aufgestellt. Nutzer können mit ihrem Personalausweis (!) gegen ein Pfand von 100 Yuan maximal fünf Bücher ausleihen. Die Automaten sollen unter anderem dazu beitragen, die Lesebegeisterung der Chinesen anzukurbeln, die laut dem Artikel aktuell durchschnittlich 4,39 Bücher pro Jahr lesen – in Deutschland liegt dieser Wert übrigens bei knapp neun Büchern.

Link:
http://news.xinhuanet.com/english/china/2013-08/28/c_132670649.htm

Beitrag von Andreas Mittrowann

Arizona: Leseförderung mit digitalen Medien

Die Case Grande Public Library in Arizona (USA) setzt in der Leseförderung für Vorschulkinder jetzt auch E-Reader ein. Das berichtet aktuell die Website des „Institute of Museum and Library Services“ (IMLS), dass diese Aktion finanziell fördert. Kinderbibliothekarin Julie Martinez aus Case Grande ist überzeugt davon, dass die Erweiterung der Medienvielfalt bei Vorlesestunden mehr Familien dazu bewegen kann, Zeit und Engagement in frühkindliches Vorlesen und gleichzeitig die Entwicklung von Medienkompetenz zu investieren.

Und das geht so: Während jeder Vorlesestunde werden zunächst E-Reader an die Eltern verteilt. Die Kinder sitzen entweder im Schoß der Eltern oder nahe bei ihnen. Während die Kinderbibliothekarin vorn im Raum die Geschichte vorliest, folgen die Eltern dem Text auf dem Lesegerät. Begleitend können Seiten vergrößert, Bilder herangezoomt oder zusätzliche Informationen abgerufen werden. Dieses Verfahren wechselt sich im Rahmen der Vorlesestunde ab mit klassischem Bilderbuchlesen sowie Puppen- oder Fingerspielen.

Ziel des Programms ist es, insbesondere Familien zu erreichen, die keinen Zugriff auf E-Reader oder andere Technologien haben. Pro Woche nehmen zehn bis 15 Familien an der Vorlesestunde teil. Die Bibliothek berichtet von Erfolgen bei der Aktivierung von Eltern und bei der Steigerung der Medienkompetenz.

Link: http://www.imls.gov/digital_storytime_means_serious_fun_and_vital_learning_for_arizona_toddlers.aspx

Beitrag von Andreas Mittrowann

Weltkongress der Bibliotheken mit mehr als 3000 Teilnehmern

Vom 11. bis zum 17. August fand unter dem Motto „Libraries Now! – Inspiring – Surprising – Empowering“ im finnischen Helsinki der 78. Weltkongress der Bibliotheken statt. Der Veranstalter International Federation of Library Associations and Institutions (IFLA) zeigte sich zufrieden mit der Akzeptanz: Präsidentin Ingrid Parent sprach in der Generalversammlung von mehr als 3000 Teilnehmern. In weit über 200 „Sessions“ stellte der Weltverband die Vielfalt der globalen Bibliothekswelt unter Beweis: Leseförderung, multikulturelle Bibliotheksarbeit, digitale Projekte, wissenschaftliche Literaturversorgung im 21. Jahrhundert, neue Standards für Metadaten, Bildungsförderung durch Gefängnisbibliotheken, Bibliotheksarbeit für Obdachlose oder die Bibliothek als Ort waren nur einige der Themen. Nachhaltige Eindrücke haben neben anderen die folgenden Vorträge beim Autor hinterlassen:

Im Rahmen des Kongresses verlieh die Bill and Melinda Gates Foundation erneut den „Access to Learning Award„, mit dem in diesem Jahr die Community Technology Centers in der Dominikanischen Republik ausgezeichnet wurden.

Die Stimmung im durchweg sonnigen Helsinki war überaus positiv und die finnischen Kollegen organisierten die Veranstaltung mit höchster Professionalität.  Auf Wiedersehen 2013 in Singapur! Der IFLA-Kongress 2014 wird übrigens im französischen Lyon stattfinden.

Link: http://conference.ifla.org/ifla78

Beitrag von Andreas Mittrowann

Neuseeland auf dem Weg zur digitalen Lesekompetenz

Der neuseeländische Bibliotheks- und Informationsverband LIANZA hat positiv auf die staatliche Initiative „21st Century learning environments and digital literacy“ reagiert und dazu schriftlich Stellung gegenüber dem zuständigen Komitee bezogen. Das Dokument mit der Kernaussage ”Libraries are a key player in the learning and digital literacy space” wird durch ein Profil des Verbandes sowie die Darstellung seiner wesentlichen Ziele ergänzt und mündet in sechs Empfehlungen für das Komitee. Unter anderem wird dazu geraten, das konkrete Ausmaß der digitalen Spaltung in Neuseeland zu untersuchen, die Rolle der kompetenzfördernden Institutionen intenstiv zu betrachten und insbesondere Möglichkeiten zur Unterstützung der Bibliotheken bei der Förderung der digitalen Lesekompetenz zu prüfen.

Jane Hill und ihr Kollegin Laurinda Thomas von LIANZA hatten nun am 20. Juni die Gelegenheit, gegenüber dem Komitee noch einmal mündlich ihre Thesen zur Rolle der 6000 neuseeländischen Bibliotheken bei den Themen Lernen und digitale Kompetenz zu erläutern. Ein Fokus lag unter anderem auf Kommunen und Regionen, die bisher über keinen oder nur einen wenig entwickelten Bibliotheksservice verfügen, die essentielle Rolle der Bibliothekmitarbeiter/innen sowie die Notwendigkeit einer deutlich verbesserten Präsenz von Schulbibliotheken.

Die Fragen der Komiteemitglieder drehten sich unter anderem um E-Books sowie die  sektorenübergreifende Zusammenarbeit von Bibliotheken mit anderen Institutionen. Das Gespräch war offensichtlich ermutigend – interessierte Kolleginnen und Kollegen können den weiteren Prozess über die LIANZA-Website verfolgen.

Quelle: http://www.lianza.org.nz/blog/2012/jun/22/lianza-talks-government-about-digital-literacy

Beitrag von Andreas Mittrowann